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Die nationalsozialistisch orientierten Front-Organisationen in der Schweiz 1930-1957

11. Die Sozialdemokratie streicht diktatorische Elemente ab 1933

von Michael Palomino (1998 / 2005 / 2010)


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aus: Walter Wolf: Faschismus in der Schweiz. Die Geschichte der Frontenbewegung in der deutschen Schweiz 1930-1945. Flamberg-Verlag Zürich 1969.


Die Wandlung der Sozialisten zur demokratischen Partei ab 1933

Ab 1933 erfährt die Sozialistische Partei eine Machtbeteiligung durch städtische und kantonale Regierungsübernahmen, und durch die Rolle der Gewerkschaften. Die Frontisten und die Nazi-Parteien in Deutschland, die die Sozialistische Partei in Deutschland aufgelöst und zerschlagen haben und den Namen "sozial" missbrauchen, werden zu einem abschreckenden Beispiel.

So entwickeln die Sozialisten eine positive Einstellung zur Demokratie. Um sich vor der braunen Diktatur zu schützen, sind die Sozialisten 1938 sogar bereit, mit den Bürgerlichen zusammenzuspannen. Die Bürgerlichen sind ihrerseits auf die Arbeiterschaft angewiesen, denn ohne Arbeiterschaft kann man den Faschismus nicht abwehren (S.299).

Schon 1935 wird der Diktaturparagraph aus dem Programm der Sozialistischen Partei gestrichen (in: Berner Tagwacht 5.3.1934; Volksrecht 4.1.1934; Nation, 2.3.1934; Zürcher Post, 29.2.1936).

Stalins Machenschaften und Erschiessungen 1936-1938 lassen den Sozialismus vom Marxismus abkehren. Grosse Wirkung hat v.a. der Sinowjes-Prozess 1936 (in: Landbote: 6.2.1937) (S.303).

Zum Teil bleibt der Glaube an Moskau in der Zürcher SP aber noch erhalten (in: Volksrecht 11.9.1936/6.11.1936) (S.303).

Die Nationale Front kann gegen die Demokratisierung der Sozialisten nichts unternehmen
Die Reaktion der Bürgerlichen ist verschieden und abwartend (S.304). Die Reaktion der Nationalen Front ist sehr trotzig. Sie kann sich nicht anpassen, denn es beginnt zwischen den Bürgerlichen und den Sozialisten eine echte Volksgemeinschaft zu wachsen, ohne dass die Nationale Front oder andere Fronten daran beteiligt wären. Die "Front" behauptet sogar, die sozialistischen Führer hätten die Arbeiterschaft verraten (in: Front, 31.1.1935; 3.5.1934; 18.10.1934; 2.2.1937) (S.305-306).

Am 26./27. Januar 1935 am Parteitag in Luzern bekennt sich die SP zur militärischen Verteidigung der demokratischen Rechtsordnung, bleibt aber wegen der Wehrvorlage 1936 zerrissen und zerstritten (S.310-311).

Frühe frontistische Landesverräter
1936 versucht ein nationalfrontistischer Korporal die Weiterleitung einer geheimen Chiffriertabelle an das 3.Reich, wird dabei erwischt und kassiert 1 1/2 Jahre Zuchthaus. Wegen politischen Nachrichtendienstes mit Aussagen über Persönlichkeiten in der Schweiz werden der Kassenwart und der frühere "Pressechef" des Gaus Bern verurteilt (S.368).

"Richtlinienbewegung" - erste Gesamtarbeitsverträge 1937
1936/1937 erfolgt eine Richtlinienbewegung mit Erarbeitung neuer Richtlinien für eine neue Politik durch Gewerkschaftsbund, Angestelltenverbände, durch den Verband evangelischer Arbeiter und Angestellter und durch die Jungbauernbewegung. Im Oktober 1936 werden neue "Richtlinien für eine Front der Arbeit" herausgegeben:

-- vorbehaltlose Anerkennung der Demokratie
-- positive Einstellung zur Landesverteidigung
-- Achtung der religiösen Überzeugung der Volksgenossen
-- Verpflichtung auf ein gemeinsames Programm für den wirtschaftlichen Wiederaufbau und für die Lösung der sozialen Probleme (S.317).

Die Parteien werden zur Mitarbeit eingeladen. Der Vorstand der SP beschliesst am 13.12.1936 den Beitritt zur Richtlinienbewegung, bestätigt auf dem SP-Parteitag am 31. Januar 1937. Aber alle anderen Parteien misstrauen der Richtlinienbewegung und lehnen ab.

Gleichzeitig hat die Richtlinienbewegung aber Wirkung: Der Freisinn unter Bundesrat Walter Stucki macht Energien frei und meint, auch die Regierung müsse erweitert werden, da sich sonst die Politik der dringlichen Bundesbeschlüsse fortsetze, und eine Erweiterung mit der SP sei besser als eine solche mit Frontisten. Stuckis Vorstoss scheitert aber (S.317).

Im selben Jahr werden erste Gesamtarbeitsverträge abgeschlossen, am 19. Juli 1937 mit einem Friedensabkommen in der Maschinen- und Metallindustrie, mit Garantie des Arbeitsfriedens für die Dauer des Vertrags. Die Kommunisten kommentieren die Gesamtarbeitsverträge, indem sie die SP als "Schandfleck für die sozialistische Arbeiterschaft" bezeichnen. Die SP habe die Metallarbeiter den Kapitalisten ausgeliefert (S.316).


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